„Ein wunderbarer Abend, der wie kaum ein anderer Tiefgang und Witz vereint.“

2015, Inszenierung am Deutschen Theater Göttingen

Text: Éric Assous, übersetzt von Kim Langner Regie und Ausstattung: Antje Thoms Dramaturgie:  Sara Örtel Fotos: Isabel Winarsch

Mit: Benjamin Krüger, Karl Miller, Ronny Thalmeyer

„Die Hälfte aller Dinge, die man im Leben tut, tut man nicht, weil man Lust hat, sie zu tun, sondern weil man sie tun muss.“

Drei gute Freunde wollen zusammen einen gemütlichen Abend verbringen: Max, Radiologe und Ästhet, der in seiner großzügigen Wohnung standhaft alleine lebt und französische Chansons liebt. Paul, Rheumatologe, Vater zweier Kinder und vermeintlich glücklicher Ehemann, der die Ruhe weg hat, bis die Ruhe weg ist. Und Simon, gutsituierter Friseursaloninhaber. Doch Simon kommt viel zu spät, ist extrem aufgewühlt und bringt ein schockierendes Geständnis mit: er hat seine Frau umgebracht. Erwürgt. Und jetzt? Sofort zur Polizei gehen, sich stellen, empfiehlt der penible Max. Sofort fliehen, untertauchen, meint der harmoniesüchtige Paul. Ihm einfach ein Alibi geben, schlägt Simon vor. Die Männer diskutieren sich die Köpfe heiß:

Wie weit kann – darf – soll – muss Freundschaft gehen?

Uralte Rechnungen werden aus der Tasche gezogen, Geheimnisse verraten, man schafft es, einander unglaublich zu beleidigen und am Ende dieser schlaflosen Nacht sind nicht nur die Grenzen der Freundschaft und die Bilder, die sie voneinander hatten, sondern auch die verschiedenen Lebensentwürfe der Männer ins Wanken geraten.

Tiefgang und Witz vereint

„Unsere Frauen“ heißt die Inszenierung von Hausregisseurin Antje Thoms. Die Frauen aus dem Titel tauchen nicht auf. Dafür aber ein komödiantisch hochklassiges Männertrio: Benjamin Krüger, Karl Miller und Ronny Thalmeyer. Da steht er in seiner ganzen Pracht, Paul, gespielt von Thalmeyer. Den ganzen Abend über hat er sich verständnisvoll gezeigt. Doch jetzt reicht es ihm. 20 Jahre angestauter Frust brechen sich Bahn. Paul brüllt Max nieder, ihre Freundschaft, ihr Leben. Eine Szene, die exemplarisch steht für diesen wunderbaren Abend, der wie kaum ein anderer Tiefgang und Witz vereint. Eine große Szene, ein großer Thalmeyer. Assous hat zahlreiche Drehbücher und Theaterstücke geschrieben, darunter auch erfolgreiche Komödien, in denen Menschen mit viel Unterhaltungswert um große Freundschaften ringen und sich dabei um Kopf und Kragen reden. Zu dieser Kategorie zählt auch „Unsere Frauen“, das obendrein noch mit zahlreichen überraschenden Wendungen aufwartet. Regisseurin Thoms hat das Spektakel – und genau das ist dieser Theaterabend – trotz aller Turbulenzen sehr genau inszeniert. Das Zusammenspiel der starken Schauspieler auf engstem Raum läuft wie geschmiert.

Blick hinter die Fassadenwelt

Vergnüglich jonglieren die drei Schauspieler zunächst mit den männertypischen Klischees, die in dieser Komödie mitschwingen. Schwäche zeigen geht gar nicht oder nachgeben. Sich betroffen fühlen oder verletzt passt auch nicht zu dem Bild. Mit Regisseurin Antje Thoms wirft das Trio auch einen Blick hinter die Fassadenwelt der sonst so geordneten Verhältnisse. Dorthin wo das Eheleben eigentlich schon gar nicht mehr existiert und die planmäßigen Überstunden die Angst vor dem Alleinsein auch nicht kurieren können, geht es mit viel Wortwitz und Ironie ans Eingemachte und das mutet dann nicht nur komisch, sondern einfach anrührend an. Auch was das Kapitel „Unsere Frauen“ betrifft, muss sich die Männerrunde einiges gefallen lassen, was auch die Zuschauer an diesem wunderbar komödiantisch hintersinnigen Abend überrascht.

Bestens aufgelegtes Männertrio

Frauen tauchen in dem Stück nur als Gesprächsthema auf, stattdessen bestimmt ein komödiantisch bestens aufgelegtes Männertrio das Geschehen: Karl Miller, Benjamin Krüger und Ronny Thalmeyer. Das Publikum blickt in menschliche Abgründe und kann verfolgen, wie es zum Desaster kommt, wenn Freundschaften nicht gefestigt sind. Bis zur letzten Minute gibt es zahlreiche überraschende Wendungen. Hohe Darstellungskunst in einer dichten, höchst unterhaltsamen Inszenierung der Hausregisseurin Antje Thoms belohnten die Zuschauer mit kräftigem und langanhaltendem Beifall.