"Ein zu Lachtränen treibendes, urkomisches Stück in klaustrophobischen Verhältnissen mit Aussicht auf die Unendlichkeit. Wenn das der Auftakt zu einer Reihe ist, erwarten wir die nächsten Theaterabende mit überschwänglicher Vorfreude."

2010, Uraufführung von Trainingslager

Konzept und Idee: Antje Thoms und Jens Nielsen Text: Jens Nielsen Regie: Antje Thoms Dramaturgie: Walter Gratz Bühne: Beni Küng Kostüme: Romy Springsguth Musik: Alex Stolze (Nonostar) Lichtdesign: Michael Omlin Grafik: Florian Barth Produktion: Gabi Bernetta Fotos: Carola Hölting Mit: Roland Bonjour, Sarah Hostettler, Vivianne Mösli, Dominique Müller, Ingo Ospelt, Hans Rudolf Twerenbold

Koproduktion mit Theater Winkelwiese Zürich. Gefördert durch Präsidialdepartement der Stadt Zürich, Fachstelle Kultur Kanton Zürich, Pro Helvetia, Migros Kulturprozent, Ernst Göhner Stiftung, Artephila Stiftung, Schweizerische Interpretenstiftung, Georges und Jenny Bloch Stiftung.

„Was für ein Brauch
Sich umbringen nur weil man von Fremden gesehen wird“
 

Gestartet im Jahr 2201 ist das Raumschiff „Bümpliz“ eben im Begriff auf die Erde zurückzukehren. Die Bremsmanöver sind eingeleitet, der Weltraumbahnhof Bern-Belp ist benachrichtigt, nur die Antwort kommt nicht. Und als sie doch kommt, ist sie anders als erwartet. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die „Bümpliz“ in ein Zeitloch gefallen und in der Vergangenheit gelandet ist – also in unserer Zeit hier.

Während die Besatzung versucht, Commander Streuli aus seiner lebensbedrohlichen Starre aufzuwecken überstürzen sich auf der Erde die Ereignisse.

Die Medien haben von der Ankunft der „Außerirdischen“ erfahren, das Militär aller Länder ist in Alarmbereitschaft versetzt, die geistlichen Führer versuchen religiöse Massenhysterien zu beschwichtigen oder anzuheizen. Endlich gelingt es Professor de Spindel, den Commander aus ins Leben zurück zu holen. Eine wirkliche Verständigung und die Integration der Besatzung in unsere Gegenwart rückt in greifbare Nähe. Da macht Major Hindelbank, selbsternannter Vermittler zwischen Erde und Raumschiff, eine verstörende Entdeckung…

Außerirdischer Glanz

Man traut seinen Augen kaum. So ein Gleißen hätte man an diesem Ort nicht für möglich gehalten. Das Theater Winkelwiese, sonst dem meist spartanisch ausgestatteten Texttheater verpflichtet, sieht seine Kellerbühne in das Innere eines Raumschiffs verwandelt, das futuristisch blitzt und funkelt. Doch wenn man genauer hinschaut, ist das Glitzer-UFO doch nicht viel mehr als ein Weltraum-Tram mit Haltegriffen, an denen die Astronauten baumeln wie erschöpfte Feierabendheimkehrer. Die Regisseurin Antje Thoms reizt das Spielmaterial mit seiner weiten Palette von sprachspielerischen und musikalischen Gags aus. Als Gegenpol zu vielen ernsten Inszenierungen in diesem Theater mag man diese hemmungslos verspielte Sci-Fi-Burleske mit ihrem außerirdischen Glanz gerne gelten lassen.

Aussicht auf die Unendlichkeit

Der Dramatiker Jens Nielsen bedient sich für „2010-Die Rückkehr der Bümpliz“ frisch fröhlich aus dem unendlich sonderbaren Personal der ScienceFiction-Geschichte und entwickelt für die neuste Trainingslager-Produktion in der Regie von Antje Thoms ein Feuerwerk an absurden Konflikten und überraschend entfachten Herzen. So wild der Mix an Zeitsprüngen, so verrückt ist auch das Personal, das sich mehrheitlich wie unter Starkstrom verhält. Ein zu Lachtränen treibendes, urkomisches Stück in klaustrophobischen Verhältnissen mit Aussicht auf die Unendlichkeit. Wenn das der Auftakt zu einer Reihe ist, erwarten wir die nächsten Theaterabende mit überschwänglicher Vorfreude.

Intensives Spektakel

„Die Rückkehr der Bümpliz“ ist ein Science-Fiction Heimatstück, ein schräges Stück, das immer wieder ins Absurde abdriftet, sehr präzis und leichtfüßig gespielt, ein sehr intensives Spektakel mit einer dichten Geräuschkulisse, emotionalen Dialogen, Lichteffekten und Tanzeinlagen.

Auf keinen Fall verpassen

Lang hat man warten müssen, bis einer der begnadetsten Schweizer Theaterautoren Luzern wieder beehrte. Und „Die Rückkehr der Bümpliz“, gespielt von Trainingslager, vermag alle Erwartungen noch zu übertreffen! Anderthalb Stunden gar köstliche Unterhaltung werden einem geboten. Jens Nielsens Sprachwitz ist legendär, und Trainingslager vibriert unter der Regie von Antje Thoms vor Spielfreude. Einem Bilderbogen gleich werden Fakten zum Weltraum mit Anekdoten von der langen Reise gemischt, es wird geliebt, gemordet, verzweifelt und viel gelacht – auch und gerade im Zuschauerraum. So dick wird die Absurdität aufgetragen, dass man sie mit Händen greifen zu können meint, doch wird es einem leicht gemacht, gepflegte Distance zu wahren – die Metaebenen-Kommentare der liebestollen Pflanze Cura sind darum besorgt. Und auch der dem Zeitloch geschuldete kompetente Einsatz des Futur II tut sein Übriges – Deutsch ist einfach eine lässe Sprache, und in Nielsens Händen erlangt sie neue Höhen. Es handelt sich um das erste Stück aus dem «Heimat»-Quartett, man darf es auf keinen Fall verpassen, es ist ein erstes Highlight der noch jungen Saison!

Was fürs Auge

Freizeitanzüge leuchten blendaxweiss in der Dunkelheit, mysteriös blinken bunte Lämpchen, schaurig strahlen grüne Kontaktlinsen. Statt der Bühne taucht eine Art überdimensionale Konservendose auf. Beni Küng hatte einen Riesenspass, als er das Raumschiff Bümpliz bastelte, das ist unübersehbar. Unüberhörbar ist, dass Jens Nielsen bei seinem neuen Stück gleichfalls große Lust auf Jux und Tollerei verspürte. Seine Parabel auf die helvetische Fremdenangst hat er in eine trashige Science-Fiction-Parodie gepackt: An Bord brüten eine pupsende, liebestolle Pflanze, ein irrer Professor, eine Prinzessin von einem fremden Stern und ihr halb menschlicher Sohn vor sich hin. Denn sein Vater, der geliebte Kapitän, hat den Verstand verloren. Die Medikamente sind alle, Streulis Tod steht bevor, und die Crew will unbedingt landen, egal wo. Doch in der Schweiz aus dem Jahr 2010 ist das Gefährt aus dem Jahr 2201 samt seinen seltsamen Bewohnern nicht willkommen. Der Botschafter der Erde, Oberst Hindelbank, berichtet von Bürgerwehren und Chaos, von Massenflucht und Militäreinsätzen. An Bord selbst wird gekotzt und gesungen, gebrüllt und gewitzelt: Die freie Formation Trainingslager hat unter der Regie von Antje Thoms jede Schrägheit dieses ersten Teils des Projekts „Quartett Heimat“ ausgekostet – mit mondstaubtrockenen Scherzen, musikalischen Amuse-Oreilles und munteren Science-Fiction-Zitaten fürs Auge.

Gespannt auf die Fortsetzung

Antje Thoms inszeniert das Thema Heimat humorvoll und spielt mit dem Genre des Science-Fictions. Die Aufführung liefert neben viel Klamauk und einem großartigen Bühnenbild auch einige politische und gesellschaftskritische Anmerkungen. Was am Schluss aber bleibt, ist vor allem der Spass an einem sehr unterhaltsamen Stück, das die Zuschauer immer wieder zum Lachen bringt. „2010 – Die Rückkehr der Bümpliz ist der erste Teil eines Quartetts zum Thema Heimat. Man darf gespannt sein auf die Fortsetzungen.

Schwindlige Heimat-Science-Fiction

„2010 – Die Rückkehr der Bümpliz“: eine ver-rückte Geschichte über fünf Astronauten, die von der zukünftigen in die gegenwärtige Schweiz zurückkehren. Im Innern des verspiegelten Raumschiffs befinden sich fünf skurrile Gestalten: der „verstarrte“, grunzende und angeekelt feixende Commander Streuli, seine Frau, die Prinzessin Droo, deren Sohn Tilsiter mit Augenklappe, der zur Epilepsie neigende Musikingenieur Professor de Spindel und Cura, eine höchst rätselhafte Pflanze in Menschengestalt. Klar ist, weshalb die „Bümpliz“ landen will: Commander Streuli braucht Medikamente, um seine Erstarrung zu überwinden. Die Landung aber wird ihr verwehrt, und zwar – auf höheren Befehl – vom brockenweise english speakenden und Kaugummi kauenden Schweizer Nasa-Astronauten Major Hindelbank. Der Grund: Man vermutet eine Invasion fremder Mächte, zudem leisten die Außerirdischen der Endzeitstimmung Vorschub und destabilisieren die Welt. Die nun folgende Geschichte, welche die Regisseurin Antje Thoms in knapp 90 Minuten durchpeitscht, vermag mit ihrer nielsenschen Sprachakrobatik zu amüsieren, entwickelt sich aber dermaßen sprunghaft und überdreht, dass einen der Schwindel packt.